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Funktionelle Materialien im Baukastenprinzip: Michael Giese wird Heisenberg-Professor

16.03.2022

Fünf Jahre lang hat die Professor Werdelmann-Stiftung Michael Giese als Juniorprofessor an der Universität Duisburg-Essen gefördert. Mit Erfolg! Giese wurde nun auf eine der begehrten und seltenen Heisenberg-Professuren berufen. Seine Forschungen sind so innovativ wie faszinierend: funktionelle "supramolekulare" Materialien, deren Eigenschaften man gezielt an- und abschalten kann.

 
Hierzu nutzen er und seine Arbeitsgruppe schwache Wechselwirkungen zwischen Molekülen
(= nichtkovalente Bindungen). Das Besondere an der Nutzung solcher Wechselwirkungen ist, dass die Wechselwirkungen einfach aufgebrochen oder wiederaufgebaut werden können, sie sind also reversibel. Das bietet die Möglichkeit, Systeme herzustellen, die auf Veränderungen in der Umwelt reversibel reagieren können oder selbstreparierend/selbstheilend sind (sogenannte smarte Materialien). Durch Mischen verschiedener molekularer Bausteine bietet sich so die Möglichkeit, Materialien mit maßgeschneiderten Eigenschaften zu erhalten.

Übersicht verschiedener nichtkovalenter Wechselwirkungen sowie relative Bindungsenergien (Bild: Michael Giese)
Bild: Michael Giese
Übersicht verschiedener nichtkovalenter Wechselwirkungen sowie relative Bindungsenergien

 
Man kann sich den Forschungsansatz als molekulare Version
der farbenfrohen Klemmbausteine aus Dänemark vorstellen. Basierend auf einer Reihe von Grundbausteinen erhält man durch Zusammenklemmen der Bausteine unbegrenzt viele neue Konstruktionen. Ähnlich verhält es sich mit den molekularen Bausteinen, welche durch nichtkovalente Bindungen zusammengehalten werden. Dabei erhalten die molekularen Bausteine durch ihre Kombination zu Überstrukturen (sogenannte Suprastrukturen) zusätzliche Eigenschaften und Funktionen. Bezogen auf das populäre Spielzeug aus Dänemark bedeutet dies, dass die Kombination der Klemmbausteine zum Beispiel zu einem Fahrzeug führt und somit die Funktion der Mobilität erfüllt. Keiner der individuellen Bausteine besitzt diese Funktion, sondern erst das Zusammenstecken zur Gesamtkonstruktion ermöglicht die Mobilität.

Im Unterschied zum Spielzeugbaukasten erfolgt das Zusammensetzen der Bausteine auf molekularer Ebene durch molekulare Selbstassemblierung – das heißt, die Moleküle lagern sich selbstständig zu den Überstrukturen zusammen. Für die Klemmbausteine würde das bedeuten, dass man die Einzelbausteine in eine Schachtel legt, schüttelt und anschließend die zusammengebaute Konstruktion – also zum Beispiel das schon erwähnte Auto – herausholen würde. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen um Michael Giese planen die molekularen Komponenten so, dass sie ganz gezielt bestimmte Suprastrukturen aufbauen und somit zu Materialien mit den gewünschten Eigenschaften führen.

Die Arbeitsgruppe hat vor kurzem zum Beispiel Materialien entwickelt, die durch Bestrahlung mit ultraviolettem Licht ihre Eigenschaften ändern. Genauer gesagt, kann man mit Bestrahlung die Fluoreszenz der Materialien einschalten, eine Technik, die man bei der Prüfung von Geldscheinen nutzen kann. Auch in der Medizin, insbesondere der Genetik, gibt es viele Anwendungsmöglichkeiten.

 

Michael Giese (Foto: UDE)
Foto: UDE
Prof. Dr. Michael Giese

Michael Giese absolvierte sein Studium der Chemie an der RWTH Aachen, wo er im Jahr 2011 in der Arbeitsgruppe promovierte. Im Anschluss forschte er an der University of British Columbia (Vancouver, Kanada) als Stipendiat des Deutschen Akademischen Auslandsdiensts (DAAD). Unter der Leitung von Prof. Mark Maclachlan entdeckte er dort seine Begeisterung für supramolekulare Materialien. Von 2014 bis Ende 2019 leitete Michael Giese seine eigene Forschungsgruppe als Stiftungsjuniorprofessor der Professor Werdelmann-Stiftung an der Universität Duisburg-Essen. Nach einer Lehrstuhlvertretung wurde er im Oktober 2021 als Heisenberg-Professor für Supramolekulare Materialien an der Universität Duisburg-Essen berufen.

Die Professor Werdelmann-Stiftung wurde 1990 durch Prof. Dr. Dr. h.c. Bruno Werdelmann errichtet, ehemals Mitglied des Vorstands der Firma Henkel, Düsseldorf. Die Stiftung möchte Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet der Chemie fördern und konzentriert sich dabei auf die Nachwuchsförderung an der Universität Duisburg-Essen. Hierzu zählt die obige Juniorprofessur ebenso wie die Vergabe verschiedener Promotionsstipendien und die Ausrichtung einer Vorlesungsreihe zu Ehren des Stifters.