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Das Demokratiefördergesetz
wird kommen

Ziele – Inhalte – Perspektiven

Am 14. Dezember 2022 hat das Bundeskabinett den Entwurf für das Gesetz zur Stärkung von Maßnahmen zur Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung, Extremismusprävention und politischen Bildung (Demokratiefördergesetz, nachfolgend DFördGE) beschlossen. Der Gesetzentwurf wird nun an den Bundestag übermittelt, der sich in den kommenden Monaten damit in den Ausschüssen befassen wird. Das Verfahren dürfte dadurch beschleunigt werden, dass diverse Organisationen der Demokratieförderung bereits an der Erarbeitung des Gesetzentwurfs beteiligt waren. Das Demokratiefördergesetz könnte somit noch vor der Sommerpause beschlossen werden. Zur genauen Umsetzung wird es aber weiterer Rahmenbedingungen bedürfen (Förderrichtlinien), deren Ausgestaltung abzuwarten bleibt. Die erste Jahreshälfte 2023 wird spannend.

Foto: Marvin Machler/Pexels
Der Deutsche Bundestag berät nun über das Demokratiefördergesetz.

1. Das Ziel des Gesetzes

Das übergeordnete Ziel des Demokratiefördergesetzes ist die Stärkung von Demokratie und gesellschaftlicher Vielfalt sowie Extremismusprävention und der Ausbau von Angeboten für politische Bildung (DFördGE, S. 1).

Die Bundesregierung begründet die Gesetzesinitiative damit, dass in den vergangenen Jahren insbesondere die rechtextremistische Bedrohung stark zugenommen habe. Daneben habe unter anderem Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Islam- und Muslimfeindlichkeit, Queerfeindlichkeit, Frauenfeindlichkeit, Sexismus, Behindertenfeindlichkeit sowie Rechtsextremismus, islamistischer Extremismus, Linksextremismus sowie Hass im Netz, Desinformation und Wissenschaftsleugnung und die gegen das Grundgesetz gerichtete Delegitimierung des Staates zu einer Vielzahl demokratie- und menschenfeindlicher Phänomene geführt (DFördGE, S.1).

Präventive Maßnahmen, um diesen Gefahren für die Demokratie zu begegnen, werden jedoch in der Regel nicht direkt vom Bund selbst verwirklicht, sondern von der organisierten Zivilgesellschaft (Vereine, Stiftungen etc.).

Die Idee der Bundesregierung ist es daher, die Finanzierung derjenigen zu erleichtern bzw. planungssicherer zu gestalten, die sich in ihrer gesamten Geschäftstätigkeit institutionell für die genannten Ziele einsetzen (DFördGE, S. 2f.). Dies sind zum Beispiel Vereine, Stiftungen, Organisationen und Initiativen, die präventive Bildungsarbeit leisten, über Gefahren für die Demokratie aufklären und Aussteigerinnen und Aussteiger aus extremistischen Gruppierungen unterstützen.

Mit dem Demokratiefördergesetz bestätigt die Bundesregierung die wichtige Rolle von Stiftungen und anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren für die Förderung einer demokratischen Kultur und für ein Leben in Vielfalt und Freiheit. Das Gesetz stellt jedoch bloß einen selbstdefinierten Förderauftrag des Bundes dar. Nun bedarf es verbindlicher Rahmenbedingungen, die tatsächlich eine verlässliche und bedarfsorientierte Förderinfrastruktur schaffen.

Matthias Schmolz (Foto: Sven Lorenz)
Foto: Sven Lorenz

Matthias Schmolz

Vorsitzender der Geschäftsführung des Deutschen Stiftungszentrums

2. Was soll gefördert werden?

Es sollen unterschiedlichste Projekte gefördert werden, etwa Formate gegen Hass im Netz, Angebote gegen Ausgrenzung in Ausbildung und Beruf, Beratungsstellen im Bereich islamistischer Extremismus oder präventiv-pädagogische Angebote für inhaftierte jugendliche Straftäterinnen und Straftäter.

 

3. Wer kann Förderung erhalten?

Geförderte können neben juristischen Personen des öffentlichen Rechts auch Körperschaften des privaten Rechts sein, solange sie die Ziele des Grundgesetzes achten und von der deutschen Finanzverwaltung als steuerbegünstigt im Sinne der §§ 51 bis 68 der Abgabenordnung anerkannt sind und Gewähr für die ordnungsgemäße Verwendung der Fördermittel bieten und zur Offenlegung der Finanzen, der Arbeitsergebnisse sowie der Maßnahmen imstande und bereit sind (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 DFördGE).

Ist die Steuerbegünstigung durch den sogenannten 60a-Bescheid noch nicht bescheinigt, kann ersatzweise entweder der Nachweis der Stellung eines erfolgsversprechenden Antrags auf Anerkennung der Steuerbegünstigung erbracht oder dargelegt werden, dass der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung grundsätzlich mit den Anforderungen der Steuerbegünstigung vereinbar ist.

 

4. Was ändert sich durch das Gesetz?

Durch das Gesetz sollen gemeinnützige Projekte zur Demokratieförderung "bedarfsorientiert, längerfristig und altersunabhängig fördern können und so mehr Planungssicherheit bieten". Zurzeit erfolgt diese Förderung projektbezogen, das heißt, sie ist zeitlich befristet. Der Sektor kritisiert, dass regelmäßig (oftmals jährlich) ein neuer Antrag auf weitere Förderung gestellt werden muss. Die Folge ist, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur befristet beschäftigt werden können, was die Konkurrenzfähigkeit bei der Suche nach geeigneten Fachkräften stark beeinträchtigt. Durch das Gesetz soll ein "dauerhafter gesetzlicher Auftrag" des Bundes rechtlich fixiert werden, zivilgesellschaftliches Engagement zu erhalten. Das Demokratiefördergesetz ist also auf die Verstetigung der Förderung ausgerichtet (Begründung DFördGE, S. 9).

Auf Grundlage des Demokratiefördergesetzes können jetzt auch Anträge auf Förderung eines Projektes für Erwachsene gestellt werden. Dies war in der Vergangenheit nicht möglich. Bisher beschränkte sich zum Beispiel das Bundesprogramm "Demokratie leben!" aufgrund teils sehr enger rechtlicher Rahmenbedingungen auf die Förderung von Projekten für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Die Förderung von Projekten soll künftig "altersunabhängig" angelegt sein. Erklärtes Ziel des Gesetzes sei es, "Bürger wieder für die Demokratie zurückzugewinnen".

Das Demokratiefördergesetz stellt ausreichend Raum für bedarfsorientiertere Förderung her. Fördermaßnahmen und -richtlinien können so ausgestaltet werden, dass kurzfristig auftretende Phänomene schnell und unkompliziert die Schwerpunkte von Projekten bilden können.

 

5. Die Inhalte im Einzelnen

Nach Auffassung der Bundesregierung sind die wichtigsten Inhalte des Demokratiefördergesetzes folgende:

  • Das Demokratiefördergesetz schafft einen gesetzlichen Auftrag für den Bund, um zivilgesellschaftliches Engagement und politische Bildung in seiner Qualität zu erhalten und zu stärken. Damit soll der Bund sowohl zivilgesellschaftliche Maßnahmen fördern als auch eigene Maßnahmen durchführen können. Bislang gibt es kein Gesetz, das speziell für diese Arbeit einen rechtlichen und verbindlichen Rahmen vorgibt (vgl. § 1 Abs. 2 Begründung DFördGE).
  • Durch das Gesetz können Maßnahmen im Bereich der Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung, Extremismusprävention und politischen Bildung längerfristiger, altersunabhängiger und bedarfsorientierter gefördert werden als bisher (Begründung DFördGE, S. 12).
  • Das Gesetz sichert die Finanzierung der Maßnahmen nach Maßgabe des jeweiligen Haushaltsgesetzes ab (Begründung DFördGE, S. 13).
  • Die nach dem Demokratiefördergesetz geförderten Programme und vergleichbaren Maßnahmen sollen weiterhin wissenschaftlich begleitet werden, um sie auf ihre Wirksamkeit und Nachhaltigkeit zu prüfen (vgl. § 8 Abs. 1 DFördGE).
  • Um Transparenz zu erhöhen und qualitative Weiterentwicklung sicherzustellen, wird die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag einmal pro Legislaturperiode einen Bericht über die Durchführung und Wirksamkeit der Maßnahmen vorlegen (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 DFördGE).

 
Der Beitrag erschien zuerst in Stiftung&Sponsoring 1/2023.

 

KURZ & KNAPP

Das Demokratiefördergesetz soll nachhaltige, planungssichere und rechtlich sichere Bedingungen dafür schaffen, dass Bürgerinnen und Bürger sich ehrenamtlich in den hierfür bestehenden juristischen Personen (des privaten Rechts) engagieren. Denn das Engagement für die Aufrechterhaltung unserer demokratischen Grundordnung kann auch als Aufgabe des Staates verstanden werden. Insoweit ist der Vorstoß der Bundesregierung begrüßenswert, das Engagement für Maßnahmen gegen extremistische Tendenzen und Falschinformation zu unterstützen. Insbesondere die Möglichkeit – je nach Haushaltslage – die Demokratiestärkung durch die institutionelle Förderung juristischer Personen wie Stiftungen und Vereine zu stärken, schafft eine neue gesetzliche Grundlage, um die Arbeit in diesem Bereich zu verbessern und zu verstetigen. Denn das übergeordnete Ziel ist die Aufrechterhaltung des demokratischen Staatswesens und der Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor extremistischen Straftaten. Ob dies durch den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf tatsächlich gelingen kann, bleibt abzuwarten und wird sicherlich noch Gegenstand vertiefter Diskussionen von Wissenschaft und Praxis (im Rahmen des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens) sein. Der Entwurf gibt einen Rahmen vor, die essenzielle Arbeit zur Demokratiestärkung tausender steuerbegünstigter Körperschaften institutionell durch den Bund zu unterstützen, aber eine Garantie für eine verstetigte Förderung dieser wichtigen Aufgabe durch Bundeshaushaltsmittel gibt er nicht. Auf dieser Grundlage wird es somit auch in Zukunft vornehmlich vom politischen Willen der parlamentarischen Mehrheit abhängen, Maßnahmen zur Stärkung der Demokratie in Deutschland institutionell und nachhaltig zu unterstützen.

Die Autoren

Benjamin Weber (Foto: Sven Lorenz)
Foto: Sven Lorenz

Benjamin Weber ist Rechtsanwalt und Partner bei der Deutsche Stiftungsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft und berät überregional in den Bereichen des Gesellschafts- und Steuerrechts, insbesondere in Fragen der steuerbegünstigten Körperschaften. Er verfügt über mehrjährige Berufserfahrung in diesem Bereich. Vor seiner Tätigkeit bei den Deutschen Stiftungsanwälten war er vier Jahre im Bereich "Recht, Steuern & Consulting" des Deutschen Stiftungszentrums in Essen tätig. Seine juristische Laufbahn begann er bei Ernst & Young in den Bereichen "Nachfolgeplanung" und "Steuerprozessrecht". Benjamin Weber ist Vorstandsmitglied mehrerer Non-Profit-Organisationen in Deutschland, Dozent an der Deutschen Stiftungsakademie, der Erich Schmidt Akademie Berlin und der EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Wiesbaden. Er veröffentlicht regelmäßig Artikel in Fachzeitschriften zum Gemeinnützigkeitsrecht.

Mattheo Dominik Ens (Foto: Sven Lorenz)
Foto: Sven Lorenz

Mattheo Dominik Ens ist seit 2021 Rechtsanwalt im Bereich „Recht & Steuern“ im Deutschen Stiftungszentrum im Stifterverband tätig. Zuvor war er als Rechtsanwalt im Handels- und Gesellschaftsrecht/Steuerrecht für die audalis Kohler Punge & Partner mbH, Dortmund, und als Rechtsberater/Volljurist bei der UnternehmerKompositionen GmbH, Meerbusch, tätig – bei letzterer war sein Schwerpunkt die steuerliche Projektbegleitung bei der Errichtung und Begleitung von Stiftungen, insbesondere Familienstiftungen.

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