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Ein Tochterunternehmen des Stifterverbandes

Stellungnahme zur Stiftungsrechtsreform

Der Stifterverband hat gegenüber der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder zum Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht Stellung bezogen.

Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft begrüßt ausdrücklich die Initiative des Bundes und der Länder, durch eine Reformierung des Stiftungsrechts das Stiftungswesen in Deutschland zu fördern, namentlich die Arbeit steuerbegünstigter Stiftungen in Deutschland zu erleichtern und zusätzliche Anreize für Stifterinnen und Stifter zu schaffen.

In dem von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht verfassten Bericht aus dem September 2016 wurden nach Einschätzung des Stifterverbandes alle für das Stiftungsrecht relevanten Reformthemen in die Prüfung einbezogen, aufbereitet und bewertet. Dabei hat sich die Arbeitsgruppe nicht nur auf die stiftungsrechtlichen Kernthemen konzentriert, sondern auch Fragestellungen einbezogen, die andere Rechtsgebiete berühren. Zudem lässt das gewählte Verfahren erkennen, dass alle an diesem Reformvorhaben beteiligten Stellen sich der Bedeutung der Anpassungserfordernisse im Stiftungsrecht bewusst sind und höchstmögliche Akzeptanz aus dem gesamten Stiftungssektor anstreben.

Als Mitglied im Bundesverband Deutscher Stiftungen schließt sich der Stifterverband ausdrücklich und vollumfänglich dessen Stellungnahme an. Zu einigen wenigen Punkten ergänzt der Stifterverband die folgenden Ausführungen:
 

  • Stärkung der Stifterautonomie/Satzungsänderungen zu Lebzeiten der Stifter

Zu diesem Punkt hat sich der Stifterverband in einem Schreiben an das Bundesministerium für Justiz und für Verbraucherschutz bereits im März 2015 ausführlich geäußert:

"1. Stärkung der Stifterautonomie
Die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister hat in ihrem Beschluss das herausragende Engagement von Stifterinnen und Stiftern hervorgehoben. Über ihre Stiftungen legen sie den Finger in die Wunde drängender gesellschaftlicher Probleme, setzen Impulse, sind langfristige, verlässliche Partner in der Region oder im internationalen Kontext. Stiftungen ersetzen nicht staatliches Handeln, sie sind Teil der Zivilgesellschaft. Die private Initiative und die gesellschaftliche Selbstregulierung werden künftig weiter steigende Bedeutung für das gedeihliche Miteinander in unserer Gesellschaft haben. Für die Herausforderungen unserer Zeit braucht es eine starke Zivilgesellschaft und das Vertrauen des Staates in seine Bürger. Daher ist es unerlässlich, die bestehenden Hemmnisse im Stiftungsrecht abzubauen.

a. Satzungsänderungen zu Lebzeiten des Stifters
Als das Bürgerliche Gesetzbuch im Jahr 1900 in Kraft trat, wurden Stiftungen ganz überwiegend von Todes wegen errichtet. Die staatliche Garantie der dauerhaften Erhaltung des Stifterwillens hat hier ihren Ursprung und ihre Berechtigung. Stiftungen werden inzwischen jedoch in der großen Mehrzahl zu Lebzeiten ihrer Initiatoren errichtet. Damit besteht die Chance, dass die Stifter ihre Stiftung auf ihre Praxistauglichkeit hin überprüfen können, bevor die Stiftung ihr endgültiges Gepräge erhält. Die Erfahrung zeigt, dass sinnvolle Nachjustierungen im Hinblick auf den Zweck, die Art der Zweckverwirklichung oder die Organisation erforderlich sein können, sei es, weil sich erwartete Vermögensentwicklungen nicht einstellen, weil sich die geeignete Herangehensweise an die Zweckverwirklichung erst im Praxistest der Fördertätigkeit herausstellt oder weil die Dringlichkeit bestimmter gesellschaftlicher Herausforderungen sich verschiebt.

Der Stifterverband empfiehlt daher, bundeseinheitlich gesetzlich klarzustellen, dass Satzungsänderungen des Stifters zu seinen Lebzeiten uneingeschränkt möglich sein müssen. Die Handhabung in den Ländern ist diesbezüglich bedauerlicherweise uneinheitlich und erzeugt Rechtsunsicherheiten. Maßstab für Satzungsänderungen des Stifters zu seinen Lebzeiten sollten allein die Kriterien der Anerkennungsfähigkeit nach §§ 80, 81 BGB sein. Eine Einschränkung dieses Rechts des Stifters kann dogmatisch nicht aus dem Rechtsinstitut Stiftung abgeleitet werden, löst eine solche Betrachtung doch künstlich die Stiftung aus ihrer dienenden Funktion. Es besteht kein generelles Schutzbedürfnis der Stiftung vor ihrem Stifter. Vielmehr führt die Möglichkeit von Satzungsanpassungen durch den Stifter zu dauerhaft effizienterem Stiftungswirken.

Die Möglichkeit umfänglicher Satzungsänderungen durch Stifter darf dabei nicht auf natürliche Personen beschränkt werden. Auch juristische Personen, insbesondere Unternehmen gießen ihr gesellschaftliches Engagement in die Form von Stiftungen. Auch hier müssen Erfahrungen im Hinblick auf gelungene Stiftungsarbeit meist erst gesammelt werden. Eine unterschiedliche Behandlung von natürlichen und juristischen Personen scheint daher nicht gerechtfertigt."

Diesem Ziel, die Rechte von Stiftern zu Lebzeiten zu stärken, kommen die Empfehlungen der Arbeitsgruppe allenfalls in Teilen nach. Insbesondere die zeitliche Begrenzung des Änderungsrechts auf maximal fünf Jahre ist aus Sicht der Stifter nicht geeignet, die Reformbestrebungen hin zu einer Stärkung der Stifterautonomie sichtbar werden zu lassen. Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum bei einer Änderung des Stiftungszwecks nach § m Abs. 2 "der neue Zweck dem bisherigen Zweck verwandt sein" muss. Unabhängig davon, dass die Begrifflichkeit "verwandt" in diesem Zusammenhang einen Interpretationsspielraum eröffnet, der einer einheitlichen Handhabung und somit dem gewünschten Maß an Rechtssicherheit entgegensteht, sieht der Stifterverband keinen Grund für eine Bindung an die bisherige Zweckausrichtung, wenn sie stifterseitig nicht mehr gewollt ist und Zweckänderungen Ausdruck des seinerzeit erklärten Stifterwillens sind.

Der Stifterverband tritt für die Stifter weiter dafür ein, dass Satzungsänderungen und somit auch Änderungen des Stiftungszweckes zu Lebzeiten der Stifter uneingeschränkt möglich sein müssen. Maßstab für Satzungsänderungen zu Lebzeiten der Stifter sollten allein die Kriterien zur Anerkennungsfähigkeit sein. Insbesondere darf nicht weiterhin der Eindruck entstehen, dass der Staat die Stiftung vor ihren Stiftern beschützen müsse. Vielmehr wird die Möglichkeit von Satzungsanpassungen durch Stifter zu dauerhaft effizienterem Stifterwirken und vor allem zu mehr Sicherheit bei der Stiftungserrichtung führen.

Ausdrücklich zu begrüßen ist die Auffassung der Arbeitsgruppe, dass eine unterschiedliche Behandlung von natürlichen und juristischen Personen als Stifter nicht gerechtfertigt ist. Auch der Stifter "juristische Person" soll in die Lage versetzt sein, Satzungsänderungen, insbesondere auch Zweckänderungen, vornehmen zu können.

In diesen Kontext passt auch der seitens der Arbeitsgruppe erkannte, jedoch nicht konsequent einer tragfähigen Lösungsempfehlung zugeführte Sachverhalt der "Umwandlung" einer auf Dauer angelegten Stiftung in eine Verbrauchsstiftung. Zu Lebzeiten soll der Stifter in die Lage versetzt sein, nicht nur eine Zweckänderung vornehmen zu dürfen, sondern "seine" Stiftung auch in eine Verbrauchsstiftung umzugestalten, ohne dies der Stiftungsbehörde gegenüber besonders begründen und darlegen zu müssen. Zumindest sollte es den Stiftern möglich sein, im Rahmen der Stiftungserrichtung diese Option in der Satzung zu verankern. Zur Begründung wird auf die Ausführungen zur Zweckänderung verwiesen.

In der Praxis entsteht zunehmend Bedarf, auch für die bereits bestehenden Stiftungen eine solche Lösungsmöglichkeit vorzusehen, wenn der noch lebende Stifter hiervon Gebrauch machen möchte.
 

  • Namenszusatz für Stiftungen

Die Arbeitsgruppe bezieht sich bei ihrer Empfehlung für § b "Namenszusätze für Stiftungen" auf das "Interesse der rechtsfähigen Stiftungen des bürgerlichen Rechts und des Rechtsverkehrs". Der Bundesverband Deutscher Stiftungen hat in seiner Funktion als Interessensvertretung der deutschen Stiftungen von diesem Namenszusatz dringend abgeraten. Die bisherige Argumentation, im Interesse der Stiftungen zu handeln, indem ein Namenszusatz für die rechtsfähigen Stiftungen eingeführt wird, kann seitens der Arbeitsgruppe deshalb nicht ernsthaft weiter aufrechterhalten werden.

Zudem wäre ein solcher Schnitt durch die diversen Erscheinungsformen von Stiftungen weder nachvollziehbar, noch kann dieser zu einer besseren Rechtsklarheit beitragen. Ob eine Stiftung als Stiftung des bürgerlichen oder des öffentlichen Rechts handelt oder als nichtrechtsfähige Stiftung durch ihren Rechtsträger aktiv wird, ist für das Stiftungshandeln im Rechtsverkehr von nachrangiger Bedeutung.

Vielmehr schafft dieser Namenszusatz Unsicherheit im Umgang mit Stiftungen und stiftungsähnlichen Körperschaften in anderer Rechtsform, die diesen empfohlenen Zusatz nicht führen. Insbesondere für nichtrechtsfähige Stiftungen ist zu befürchten, dass sie als "Stiftung 2. Klasse" herabgestuft werden, was angesichts der deutlich höheren Anzahl dieser Stiftungen und deren Wirken für die Allgemeinheit nicht gerechtfertigt wäre, ganz abgesehen von der historischen Bedeutung dieser Form des Stiftungshandelns. Wie der Bundesverband Deutscher Stiftungen zutreffend ausgeführt hat, ist für das Handeln im Rechtsverkehr von essenzieller Bedeutung, wer für eine Stiftung handelt bzw. für sie vertretungsberechtigt ist und ob sie von der Finanzverwaltung als steuerbegünstigte Körperschaft anerkannt ist.
 

  • Transparenz bei Stiftungen / Stiftungsregister

Mit Bedauern hat der Stifterverband zur Kenntnis genommen, dass dem allgemeinen Bedürfnis nach mehr Transparenz im Stiftungssektor in Form eines öffentlichen Stiftungsregisters nur bedingt gefolgt wird, indem zunächst eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben werden soll. In Ergänzung zu den Ausführungen des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen stellen wir in Abrede, dass sich für die Stiftungsbehörden – abgesehen von den Einrichtungskosten – ein dauerhafter Mehraufwand ergibt oder Haftungsrisiken für den Staat sich erhöhen, wenn anstelle von Vertretungsbescheinigungen ein Register geschaffen wird, aus dem sich alle für eine Publizitätswirkung relevanten Informationen ergeben. Die Vorteile des Registers sind seitens der Arbeitsgruppe hinreichend herausgestellt worden. Es steht nun zu befürchten, dass die empfohlene Machbarkeitsstudie die Einführung eines solchen Registers nicht nur erheblich verzögern, sondern je nach Gewichtung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses gänzlich in Frage stellen könnte. Das Signal der Arbeitsgruppe hätte eigentlich lauten müssen: Aufgrund der Vorteile, die das Register für alle Beteiligten, einschließlich der stets geforderten höheren Transparenz, mit sich bringt, empfehlen wir die Einsetzung einer Arbeitsgruppe, die die Einführung des Registers vorbereitet unter gleichzeitiger Erhebung der damit verbundenen Einrichtungs- sowie Betriebskosten. Auf diese Weise kann die Einführung des Registers allein aus Kostengründen nicht mehr in Frage gestellt werden.

 

Dieser Artikel ist zuerst erschienen in npoR – Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen (Heft 4/2017).

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Erich Steinsdörfer (Foto: Sven Lorenz)

RA Erich Steinsdörfer

ist Geschäftsführer des Deutschen Stiftungszentrums. Er ist zudem Stiftungsberater.

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Dr. Markus Heuel (Foto: Sven Lorenz)

RA Dr. Markus Heuel

ist Mitglied der Geschäftsleitung des Deutschen Stiftungszentrums. Er ist Stiftungsberater und leitet den Bereich "Consulting".

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