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Carstens-Stiftung: 520.000 Euro für Young Clinician Scientists

Carstens-Stiftung: 520.000 Euro für Young Clinician Scientists

Mit ihrem Förderprogramm "Young Clinician Scientists" (YCS) ermöglicht die Carstens-Stiftung Ärztinnen und Ärzten geschützte Forschungszeiten. Das Ziel: Verfahren aus der Komplementären und Integrativen Medizin (KIM) zu identifizieren, die zur Lösung medizinischer oder gesellschaftlicher Problemstellungen beitragen. YCS geht nun in die nächste Runde und legt den Fokus auf die Onkologie und Dermatologie. Mit insgesamt 520.000 Euro werden Dr. Alina Busch, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, und Anika Rajput Khokhar, Charité – Universitätsmedizin Berlin, gefördert.

 

Herausforderung: Zahl der Krebserkrankungen steigt

Rund fünf Millionen Menschen leben in Deutschland mit oder nach einer Krebserkrankung. Auf Grund des demographischen Wandels wird bis 2045 mit 745.000 Neuerkrankungen pro Jahr gerechnet. Zu den Begleiterscheinungen einer Krebserkrankung und auch deren konventioneller Behandlung zählen u.a. Schmerzen, Fatigue, Übelkeit, Erbrechen, Depression und Angst. Vor diesem Hintergrund werden intensiv Ansätze erforscht, um die Wirksamkeit der Therapie zu erhöhen, Nebenwirkungen zu reduzieren und die Symptomlast der Betroffenen zu lindern. Die KIM zeigt in diesem Zusammenhang ein vielversprechendes Potenzial.

 

KIM in der Palliativ-Situation – als Therapieunterstützung und in der Nachsorge

Dr. Alina Busch, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, wird den Einsatz verschiedener KIM-Verfahren im Rahmen von vier Studien untersuchen, welche sich an onkologische Patientinnen und Patienten in unterschiedlichen Erkrankungssituationen richten. Ergänzend erfolgt eine systematische Bedarfserhebung zu supportiv- und komplementärmedizinischen Maßnahmen.

Die CALMNESS-Studie prüft achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (MBSR) zur Verringerung von Angst und depressiven Symptomen bei Menschen in weit fort-geschrittener palliativ-onkologischer Erkrankungssituation. In dieser Situation sind belastende Gedanken häufig in der Vergangenheit verankert, etwa das Bedauern von Lebensentscheidungen, oder in die Zukunft gerichtet, wie die Angst vor dem Sterben. Ein zentraler Aspekt der Achtsamkeit ist die Fokussierung auf die bewusste Erfahrung der gegenwärtigen Realität. Die Intervention umfasst drei bis sechs Sitzungen über vier Wochen mit angeleiteter Meditation von jeweils 30-60 Minuten, je nach körperlicher Verfassung mit anschließendem Erfahrungsaustausch. Als Kontrolle dient die Standardbehandlung, die die Anbindung an die Psychoonkologie und Seelsorge, die Prüfung einer medikamentösen Therapieindikation sowie Informationen zu achtsamkeitsbasierten Techniken und Anlaufstellen umfasst. Insgesamt sollen 108 Probandinnen und Probanden in die Studie eingeschlossen werden.

Die RESONANCE-Studie vergleicht die Standardtherapie wiederum mit einer Kombination aus Yoga-Übungen, Yoga-Atemtechniken (Pranayama) und Klangschalenmeditation (Soundbath). Die geplante Intervention umfasst zwei wöchentliche Treffen à 95 Minuten in Kleingruppen über sechs Wochen. Sie soll die Selbstregulation fördern und damit das erlebte Gefühl der Kontrolle steigern. Auf diese Weise wird eine Verringerung der psychischen Symptomlast der Krebspatientinnen und Krbespatienten mit palliativer Diagnose angestrebt. Auf Grund der potenziellen Auseinandersetzung mit bisher nicht ausreichend adressierten Emotionen und inneren Konflikten wird eine psychoonkologische Begleitung erfolgen. Geplant ist, insgesamt 72 Patientinnen und Patienten in die Studie einzuschließen.

VITALITY prüft die Wirkung einer Intervall-Hypoxie-Hyperoxie-Therapie (IHHT) bei Krebsüberlebenden mit Fatigue. Bei der IHHT atmen die Probandinnen und Probanden über eine Maske abwechselnd sauerstoffarme (Hypoxie) und sauerstoffreiche Luft (Hyperoxie), die von einem speziellen Gerät reguliert wird, um gezielt physiologische Anpassungsprozesse zu fördern. Das Verfahren wurde ursprünglich zur Leistungssteigerung bei Sportlerinnen und Sportler eingesetzt, könnte aber durchaus auch die körperliche Fitness und mentale Leistungsfähigkeit von Menschen mit anhaltender chronischer Erschöpfung nach Krebserkrankung erhöhen, was wiederum Einfluss auf die Lebensqualität hätte. Die Teilnehmenden werden randomisiert zwei Gruppen zugeteilt und erhalten entweder eine IHHT oder Scheinbehandlung. Die Studie ist doppelblind angelegt.

NOVA-GI befasst sich mit phytotherapeutischen Behandlungsoptionen im Nebenwirkungsmanagement bei Patientinnen und Patienten mit gastrointestinalen Tumorerkrankungen unter onkologischer Systemtherapie. Hintergrund: Nebenwirkungen unter Systemtherapie führen häufig zur Reduktion oder Abbrüchen onkologischer Therapien und haben so Einfluss auf die Prognose der Patientinnen und Patienten. Konventionelle pharmakologische Interventionen besitzen in dieser Situation zwar eine gute Wirksamkeit, gehen in der Regel jedoch mit eigenen Nebenwirkungen einher. Eine optimale Supportivtherapie, ergänzt um umfassende phytotherapeutische Therapieoptionen, kann so zu einer verbesserten Versorgungssituation und ggf. Verbesserung der Prognose führen. Dies wird in der NOVA-GI Studie systematisch untersucht werden.

 

Fasten und Ernährung bei Melanom, Psoriasis und Psoriasisarthritis

Anika Rajput Khokhar, Charité – Universitätsmedizin Berlin, konzentriert sich auf das Melanom, eine hochaggressive Form von Hautkrebs, die sich durch ihre Neigung zur Metastasierung und Resistenz gegenüber herkömmlichen Behandlungsansätzen auszeichnet.

Die Immuntherapie mit sog. Checkpoint-Inhibitoren (CPIs) hat die Behandlungslandschaft zwar revolutioniert, allerdings besteht noch ein dringender Bedarf an Strategien, die die Wirksamkeit und vor allem Verträglichkeit von CPIs verbessern. Auf beides scheint die Zusammensetzung der Darmmikrobiota der Patientinnen und Patienten Einfluss zu haben. Fasten könnte hier ein Schlüssel-Baustein sein, da es zum einen Stoffwechselanpassungen auslöst, die an der Krebsprogression bzw. Immunüberwachung beteiligt sind und zum anderen die Darmmikrobiota positiv verändert. Mit MELAFIT ist daher eine explorative Pilotstudie mit 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit Melanom geplant, die sich einer adjuvanten Immuntherapie über 12 Monate unterziehen. Vor den Infusionen, in der Regel alle 3 bis 6 Wochen, erfolgt ein dreitätiges Kurzzeitfasten. Am Tag vor Fastenbeginn und am Tag der Infusion soll eine leicht-verdauliche pflanzenbasierte Kost eingenommen werden. Die Kontrollgruppe erhält stattdessen eine Beratung zu den aktuellen Empfehlungen der DGE für eine gesunde Ernährung. Primär soll der Einfluss auf die Lebensqualität erfasst werden, mittels mehrerer Laboruntersuchungen außerdem auf die Therapieverträglichkeit. Zellen des Immunsystem werden mittels Durchflusszytometrie analysiert, die Veränderung der Darmmikrobiota mittels 16SrDNA Sequenzierung.

Ein anderer Teil des Projektes verlässt die Onkologie und befasst sich mit Psoriasis (PsO) und Psoriasisarthritis (PsA). Psoriasis, auch bekannt als Schuppenflechte, ist eine häufige entzündliche Erkrankung der Haut, die sich bei einem Drittel der Patientinnen und Patienten  im Laufe des Lebens auf Gelenke und Sehnen ausdehnt und somit zur Psoriasisarthritis wird. Auch hier wird die Rolle des Darmmikrobioms bei der Entstehung und Progression der Krankheit diskutiert. Im Rahmen der explorativen Pilotstudie RISEFAST werden 15 Patientinnen und Patienten  mit PsO und 15 mit PsA eine siebentägige Fastenintervention durchlaufen. Anschließend folgt eine pflanzenbasierte Ernährung mit hohem Probiotika-Anteil für 11 Wochen, wobei auch in diese Phase Intervallfasten integriert wird. Erfasst werden soll primär die Auswirkung auf die Krankheitsaktivität. Außerdem werden im Labor Leber- und Nierenparameter überwacht, Zellen des Immunsystem mittels Durchflusszytometrie analysiert sowie Stoffwechselparameter mittels Metabolomics untersucht. Die Veränderung der Darmmikrobiota wird auch hier mittels 16SrDNA Sequenzierung überprüft.

Abgerundet wird das Forschungsvorhaben durch ein systematisches Review zur Ernährung bei PsO und PsA, um die Evidenz zu Fasten- und Ernährungsinterventionen bei diesen Erkrankungen aufzuarbeiten. Das Review bildet die Grundlage für zukünftige Leitlinienentwicklungen und stärkt die patientenzentrierte Versorgung: Zusammen mit den eigenen Einsichten aus RISEFAST sollen die Ergebnisse klinisch relevante, niederschwellige Empfehlungen für Patientinnen und Patienten ermöglichen.

Die Dauer beider Förderprojekte ist auf drei Jahre angelegt, mit den Ergebnissen wird 2028 gerechnet.

 

Die gemeinnützige Karl und Veronica Carstens-Stiftung wurde 1981 vom damaligen Bundespräsidenten und seiner Ehefrau gegründet. 40 Jahre nach ihrer Gründung ist die Carstens-Stiftung eine bedeutende Wissenschaftsorganisation auf dem Gebiet der Naturheilkunde und Komplementärmedizin und hat mit einer Fördersumme von 40 Millionen Euro über 300 Forschungsprojekte unterstützt. Sie setzt sich für die Verankerung von Naturheilkunde und Komplementärmedizin in der medizinischen Forschung und Patientenversorgung ein. Hauptaufgaben sind die Förderung wissenschaftlicher Forschung und des medizinischen Nachwuchses sowie die fundierte Aufklärung über Anwendung und Nutzen naturheilkundlicher und komplementärmedizinischer Verfahren.