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DSZ-Experten zum Regierungs­entwurf zur Stiftungs­rechtsreform

Erfüllt der Regierungsentwurf wesentliche Reformziele? Welchen Nachbesserungsbedarf gibt es? Die DSZ-Experten fassen zusammen.

Die seit 2014 in Arbeit befindliche Stiftungsrechtsreform hat mit dem Referentenentwurf vom 16. September 2020 an Fahrt aufgenommen und scheint mit dem am 3. Februar 2021 von der Bundesregierung verabschiedeten Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts auf der Zielgeraden zu sein. Das Gesetz soll noch vor der Sommerpause beschlossen werden. Die neuen BGB-Regelungen sollen am 1. Juli 2022, die Regelungen zum Stiftungsregister am 1. Januar 2026 in Kraft treten.

Nachdem der Referentenentwurf von Wissenschaft und Praxis stark kritisiert wurde, wurden einige wichtige Punkte im aktuellen Regierungsentwurf nachgebessert. Insbesondere sollen die Satzungsstrenge sowie das absolute Surrogationsprinzip entfallen, der in der Praxis bedeutsame mutmaßliche Stifterwille soll nun doch Berücksichtigung finden, das Stiftungsvermögen und die Systematik der Satzungsänderungen, Stiftungsfusionen und die Beendigung von Stiftungen wurden klarer geregelt bzw. besser begründet. Die schutzbedürftigen Persönlichkeitsrechte werden im künftigen Stiftungsregister nun besser geschützt. Der Regierungsentwurf hat bisher dennoch nicht alle sinnvollen Nachbesserungsvorschläge umgesetzt. Nachfolgend eine Übersicht zu Regelungen, die weiterhin aus Gründen der Rechtssicherheit nachbesserungsbedürftig sind:

 

1. Umschichtungsgewinne, § 83c Abs. 3 BGB-neu

Durch § 83c Absatz 3 BGB-neu soll klargestellt werden, dass Satzungsregelungen, die bestimmen, dass die Zuwächse aus Umschichtungen des Grundstockvermögens für die Erfüllung des Stiftungszwecks verwendet können, wirksam sind. Um Rechtssicherheit zu erzeugen, muss der Gesetzgeber eindeutig regeln, dass (mittelbare wie unmittelbare) Umschichtungsgewinne grundsätzlich verbraucht werden dürfen, es sei denn der Stifterwille steht diesem Verbrauch entgegen.

 

2. Hybridstiftung § 83b Abs. 3 BGB-neu

Mit § 83b Abs. 3 BGB-neu eröffnet der Regierungsentwurf der Stiftung auf unbestimmte Zeit zumindest in der Errichtungssatzung die Möglichkeit, einen Teil des "gewidmeten Vermögens" auch als "sonstiges Vermögen" zu bestimmen, und damit dem Grundsatz des Vermögenserhalts zu entziehen. Nach wie vor fehlen ausdrückliche Regelungen zur Zulässigkeit von nachträglichen verbrauchbaren Zustiftungen.

 

3. Stiftungsvermögen: Zweckerfüllung, § 83c Abs. 1 S. 2 BGB-neu

Die nach der Abgabenordnung zulässige Rücklagenbildung (§ 62 AO) blieb bisher vollständig unerwähnt und sollte in den Regelungen zum Stiftungsvermögen aufgenommen werden.

 

4. Satzungsänderung: Art und Weise der Zweckerfüllung als prägendes Merkmal, § 85 Abs. 2 BGB-neu

Die Art und Weise der Zweckerfüllung ist nicht, wie der Gesetzeswortlaut unterstellt, regelmäßig prägend für die Stiftung im Sinne von § 85 Abs. 2 BGB-neu, sondern nur in wenigen Ausnahmefällen. Die Regelungen zur Änderung der Art und Weise der Zweckverwirklichung sind daher in § 85 Abs. 2 BGB-neu zu streichen.

 

5. Einschränkung der stifterischen Gestaltungsfreiheit bei Satzungsänderungen, § 85 Abs. 4 BGB-neu

Satzungsänderungen durch Organe der Stiftung kann der Stifter in der Errichtungssatzung auch abweichend von den § 85 Absätzen 1 bis 3 BGB-neu zulassen. Satzungsbestimmungen nach Satz 2 sind jedoch nur wirksam, wenn der Stifter Inhalt und Ausmaß der Änderungsermächtigung hinreichend bestimmt festlegt. Eine Begründung für die Notwendigkeit einer solchen Einschränkung der stifterischen Gestaltungsfreiheiten ist nicht gegeben. Der unbestimmte Rechtsbegriff "hinreichenden Bestimmtheit der Änderungsermächtigung" führt zur Rechtsunsicherheit. Die Einschränkung in § 85 Abs. 4 Satz 3 BGB-neu sollte daher ersatzlos entfallen.

 

6. Zulegung und Zusammenlegung – §§ 86 ff. BGB-neu: Ertragsteuerliche Behandlung

Die neuen Vorschriften des Regierungsentwurfes zur Zulegung und Zusammenlegung von Stiftungen orientieren sich an den Vorschriften zu Verschmelzungen im Umwandlungsgesetz, schaffen jedoch eigene Voraussetzungen. Zur Vermeidung einer potenziellen ertragsteuerlichen Benachteiligung von Stiftungen sollte (zumindest in der Begründung) klargestellt werden, dass auch im Fall einer Zulegung oder Zusammenlegung eine ertragssteuerneutrale Übertragung von Wirtschaftsgütern (aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben von steuerbegünstigten) rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts möglich ist.

 

7. Rechtsformzusatz: Benachteiligung von Verbrauchsstiftungen, § 2 StiftRG-neu

Nach dem Gesetzesentwurf bedarf es für Verbrauchsstiftungen eines eigenen Rechtsformzusatzes: e.Vs. für "eingetragene Verbrauchsstiftung". Für eine besondere "Warnung" vor Verbrauchsstiftungen ist kein sachlicher Grund erkennbar. Die besondere Bezeichnung von Verbrauchsstiftungen kann und sollte entfallen.

 

8. Führung des Stiftungsregister durch das Bundesamt für Justiz, § 1 StiftRG-neu

Auf die von anderer Seite (sog. "Professorenentwurf") bereits umfassend formulierte Problematisierung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer Zuordnung zum Bundesamt für Justiz sei an dieser Stelle verwiesen. Eine Führung des Stiftungsregisters durch die Amtsgerichte, wo auch das Vereinsregister geführt wird, erscheint sehr viel naheliegender.

 

9. Einsichtnahme in das Stiftungsregister § 15 StiftRG-neu

Nach § 15 Satz 1 StiftRG-neu ist die Einsichtnahme in das Stiftungsregister jedermann gestattet. Die Einsichtnahme in zum Stiftungsregister eingereichte Dokumente kann bei einem berechtigten Interesse ausgeschlossen werden. Das Verfahren hierzu soll noch in einer Rechtsverordnung geregelt werden. Der Gesetzgeber hat zum Schutz der Betroffenen grundsätzlich sensible Informationen wie die Vorstandsvergütung, Destinatäre und Vermögensausstattung für jedermann unzugänglich zu machen.

 

Kontakt

Dr. Anna Kraftsoff (Foto: Sven Lorenz)

RA'in Dr. Anna Kraftsoff

ist Rechtsanwältin im Bereich "Recht und Steuern" im Deutschen Stiftungszentrum. Zudem leitet sie das DSZ-Regionalbüro Berlin.

T 030 322982-342

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