S&S: Wir nehmen wahr, dass sich Stiftungen zunehmend mit alternativen Anlagen wie Immobilien, aber auch Infrastrukturprojekte und Private Equity beschäftigen. In welchen Bereichen sehen Sie für Stiftungen besondere Chancen – und welche Risiken müssen beachtet werden?
Richter: Für Stiftungen mit einem langfristigen Anlagehorizont können alternative Anlagen eine sinnvolle Ergänzung sein, speziell auch vor dem Hintergrund der oft geringeren Korrelation zu Aktien- und Rentenmärkte, vorausgesetzt, sie passen zur individuellen Risikotragfähigkeit, Liquiditätsplanung und zum Förderzweck.
Aber auch hier ist eine sorgfältige Prüfung und ein kritischer Blick auf die Tragfähigkeit solcher Innovationen oder auch Projekte unerlässlich. Dabei gilt es im Vorfeld essenzielle Fragen zu klären: Welches Risiko ist mit dem Investment verbunden? Welche Renditeperspektiven bestehen über den geplanten Anlagehorizont hinweg? Und in welchem Maß bin ich regulatorischen Eingriffen oder staatlicher Einflussnahme ausgesetzt? Die Charakteristika einzelner alternativer Anlageformen unterscheiden sich stark: So haben zum Beispiel Immobilien und Private Equity Investments unterschiedliche Performance- bzw. Risikotreiber. Bei Private Equity und Venture Capital gab es zuletzt auch eine Reihe von negativen Nachrichten bzgl. Bewertungen sowie klare Bemühungen der ESMA und anderer Regulierer für höhere Transparenzanforderungen. Entscheidend ist auch hier die Zusammenarbeit mit einem verlässlichen, erfahrenen Partner, der nicht nur bei der Strukturierung und Auswahl unterstützt, sondern auch eine laufende Kontrolle und ein ganzheitliches Risikomanagement sicherstellt.
S&S: Insbesondere Gold, aber auch andere Edel- und Industriemetalle gelten – gerade in Krisenzeiten – als stabile Anlageform. Dabei steht weniger die Rendite im Vordergrund, sondern ihr Beitrag zur Risikostreuung. Können Rohstoffe auch für Stiftungen eine sinnvolle Beimischung im Portfolio sein?
Richter: Bevor Anleger in Edelmetalle investieren, ist es aus unserer Sicht essenziell, sich zunächst mit der zugrundeliegenden Investmentthese auseinanderzusetzen. Wir unterscheiden dabei – vereinfacht gesagt – zwischen zwei Ansätzen: dem Performance- und dem Risiko-Gold. Die Performance-These ist eher spekulativ geprägt und basiert auf der Erwartung, dass eine anhaltend hohe Nachfrage durch Zentralbanken und ETFs bei gleichzeitig begrenztem Angebot den Goldpreis weiter antreiben könnte. Die Risiko-These hingegen ist deutlich robuster und stützt sich auf die historische Rolle von Gold als klassisches "Safe Haven"-Asset, das sich insbesondere in Krisenzeiten bewährt hat. Vor diesem Hintergrund und aus Diversifikationsgründen könnte eine strategische Beimischung von etwa fünf bis zehn Prozent Gold im Portfolio sinnvoll sein, um die Drawdown-Risiken zu reduzieren und die Stabilität und Resilienz des Stiftungsvermögens in volatilen Marktphasen zu erhöhen. Dies sollte allerdings nicht pauschal und nicht ohne sorgfältige Prüfung durch einen Experten erfolgen.
S&S: Viele Stiftungen sehen ESG nicht nur als Pflicht, sondern als Chance, Wirkung auch über die Kapitalanlage zu erzielen. Welche Rolle spielen ESG-Kriterien heute in der Vermögensverwaltung – und wie lassen sie sich praxisnah umsetzen, ohne Ertrag und Risikoprofil des Portfolios zu gefährden?
Richter: Viele Stiftungen verfolgen gemeinnützige Ziele, die mit sozialen, ökologischen oder kulturellen Werten verbunden sind. Es wäre widersprüchlich, wenn die Vermögensanlage diesen Grundsätzen nicht Rechnung trägt. Unternehmen, die verantwortungsvoll wirtschaften, sind häufig besser auf regulatorische Veränderungen, Reputationsrisiken und langfristige Markttrends vorbereitet. Die Integration von Nachhaltigkeitskriterien kann somit nicht nur zur Werteorientierung beitragen, sondern auch zur Stabilität und Zukunftsfähigkeit des Portfolios. Entscheidend ist, dass Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit nicht als Gegensätze verstanden werden, sondern als komplementäre Prinzipien einer modernen Stiftungsstrategie.
Praxisnah bedeutet das für uns, dass Nachhaltigkeit nicht isoliert betrachtet wird, sondern systematisch in unsere Investmentprozesse eingebettet ist. Konkret nutzen wir jede Gelegenheit, um in unseren zahlreichen Unternehmensmeetings mit dem Management neben finanziellen Aspekten auch Nachhaltigkeitsthemen zu adressieren. So schaffen wir ein tieferes Verständnis für die Nachhaltigkeitsstrategie eines Unternehmens und können dieses direkt in unsere Bewertung einfließen lassen. Darüber hinaus nutzen wir die ESG-Datenbank von MSCI, um unser hauseigenes Scoring-Modell gezielt mit Nachhaltigkeitsdaten zu ergänzen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Individualisierung: Unsere Kunden – darunter viele Stiftungen und kirchliche Einrichtungen – haben die Möglichkeit, ihre spezifischen Nachhaltigkeitskriterien einzubringen. Diese werden in unseren Systemen hinterlegt und automatisch bei der Portfoliozusammenstellung berücksichtigt. So gelingt es uns, individuelle Werte mit professionellem Asset Management zu verbinden, ohne das Ertrags- und Risikoprofil aus dem Blick zu verlieren.