Keine Zeit für Stillstand: Das Bündnis für Gemeinnützigkeit kritisiert den Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz und fordert die Bundesregierung dringend zur Nachbesserung auf, um den Koalitionsvertrag umzusetzen.
Mit großem Unverständnis reagiert das Bündnis für Gemeinnützigkeit (BfG) auf den Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen für das Jahressteuergesetz (JStG) 2024. Das Ministerium hat kurzfristig den Entwurf veröffentlicht, um eine Vielzahl von technischen Anpassungen im nationalen Steuerrecht vorzunehmen. Die im BfG organisierten Dachverbände haben der Vorlage dieses Entwurfs mit großem Interesse entgegengesehen, da daran berechtigte Erwartungen hinsichtlich konkreter Maßnahmen zur Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts geknüpft waren.
Vor zwei Wochen hatte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium (BMF) Katja Hessel auf dem Deutschen Stiftungstag in Hannover angekündigt, dass entsprechende gesetzgeberische Schritte auf Grundlage der im Koalitionsvertrag getroffenen Vereinbarungen im Jahressteuergesetz aufgenommen würden und das BMF eine Verbändeanhörung im Laufe des Sommers 2024 anstrebe. Umso überraschender war nun festzustellen, dass der jetzt zur Disposition stehende Referentenentwurf – datiert auf den 8. Mai 2024 und veröffentlicht am 17. Mai – keinerlei Regelungen im Bereich des Gemeinnützigkeitsrechts enthält, sieht man von der wichtigen Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit und der damit zusammenhängenden Möglichkeit, hilfsbedürftigen Personen im Sinne des § 53 AO vergünstigt Wohnraum zu überlassen, ab.
Jan Wenzel, Sprecher des Bündnisses für Gemeinnützigkeit, kommentiert: "Mit großer Verwunderung nehmen wir zur Kenntnis, dass der vorliegende Entwurf nicht einmal einen Minimalkompromiss zu den von der Regierungskoalition 2021 verabredeten Reformaufträgen im Gemeinnützigkeitsrecht abbildet." Eine eigens auf der Ebene der Staatssekretäre geschaffene Arbeitsgruppe hat seit Herbst 2023 darüber verhandelt. Die Verbände des Dritten Sektors hatten dazu pragmatische Lösungsvorschläge gemacht. "Zu unserem Bedauern verhärtet sich der Eindruck, dass es innerhalb der Bundesregierung und insbesondere im federführenden Bundesfinanzministeriums schlicht am politischen Willen fehlt, die von uns formulierten Anliegen nicht nur als nachrangiges Partikularinteresse eines Sektors ohne echte Mobilisierungskraft zu betrachten", konstatiert Jan Wenzel.
Bereits seit Monaten hat das Bündnis großer Dachverbände umfangreiche rechtspolitische Forderungen an die zuständigen Fachressorts und Parlamentarierinnen und Parlamentarier herangetragen. Sie erhoffen sich einen wirkungsvollen und für den Bund kostenneutralen Beitrag für mehr Rechtssicherheit, Entbürokratisierung und Handlungsfreiheit in der freiwilligen, zumeist ehrenamtlichen Arbeit unzähliger engagierter Menschen in Deutschland leisten zu können. "Unsere Forderungen sind Ausdruck konkreter Handlungsbedarfe aus der Praxis des bürgerschaftlichen Engagements. Wir appellieren daher an die Bundesregierung, die im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen zum Gemeinnützigkeitsrecht auf dem Wege der Ressortabstimmung im Jahressteuergesetz zu ergänzen, und bieten abermals mit Nachdruck an, hier als Gesprächspartner vertrauensvoll an politisch notwendigen Kompromisslösungen mitzuwirken. Lassen Sie uns dazu endlich auch in den Dialog treten", fordert der Sprecher des Bündnisses.
Das Gemeinnützigkeitsrecht ist kein Nischenthema, sondern der maßgebliche regulatorische Handlungsrahmen für bürgerschaftliches Engagement in Deutschland. Es betrifft zehntausende Stiftungen und hunderttausende Vereine in der gesamten Breite der gemeinnützigen Zwecke. "Es geht hier um die Rahmenbedingungen für das Engagement von gut 30 Millionen Menschen, sei es im Sportverein, in der Obdachlosenhilfe oder um das Feuerwehrfest. Im Jahr der deutschen UEFA-Fußball-Europameisterschaft sei daran erinnert, dass allein im Breitensport acht Millionen Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich engagiert sind. Diesen Menschen gilt der politische Reformauftrag an die Bundesregierung, der nun endlich umgesetzt werden muss."
Das Bündnis für Gemeinnützigkeit ist ein Zusammenschluss von großen Dachverbänden und unabhängigen Organisationen des Dritten Sektors, von Expertinnen und Experten sowie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Sie repräsentieren Organisationen mit insgesamt mehr als 30 Millionen Mitgliedern. Das Bündnis für Gemeinnützigkeit hat sich zum Ziel gesetzt, Identität, Gewicht, Außenwirkung und kooperative Aktionsfähigkeit des Dritten Sektors gegenüber Politik und Verwaltung zu stärken.
Dem Trägerkreis gehören die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, BAGSO - Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen, der Bundesverband Deutscher Stiftungen, der Deutsche Bundesjugendring, der Deutsche Kulturrat, der Deutsche Naturschutzring, der Deutsche Olympische Sportbund, der Deutsche Spendenrat, der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft sowie VENRO - Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen an.
ist Geschäftsführerin des Deutschen Stiftungszentrums und leitet den Bereich "Recht und Steuern". Darüber hinaus leitet sie den Bereich "Finanzen, Controlling, Steuern und Recht" im Stifterverband.
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